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Spannungen aus Diversität in Teams



„Jetzt soll ich mit dem Kollegen im Nachbarschaftsraum im Team arbeiten, aber der tickt völlig anders als ich.“ Oder „Mit der Kollegin war die Zusammenarbeit immer schon schwierig, und jetzt sollen wir ein Team bilden?“ 


Die Arbeit im Team ist eine Herausforderung. Denn die einzelnen Teammitglieder sind unterschiedlich in ihrem professionellen Selbstverständnis, in ihrer Art zu arbeiten und ihren beruflichen Erfahrungen, in ihren Werten und Sinngebungen, in ihrer Persönlichkeit, ganz zu schweigen von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Physis und Psyche etc. 


So entstehen in Teams immer wieder Spannungen, wenn verschiedene Erwartungen, Bedürfnisse, Sichtweisen, Werte, Handlungsmuster aufeinandertreffen. Diese Spannungen können produktiv sein. Denn sie erzeugen Reibung, und Reibung setzt Energie frei. Natürlich sind sie auch anstrengend und können zeitintensiv sein. Und manchmal entstehen daraus Konflikte. Aber der Aufwand zahlt sich aus. Situationen werden differenzierter wahrgenommen, und es entstehen durchdachtere Lösungen, weil schon im Vorfeld Dinge auffallen, an die eine Einzelperson nicht gedacht hätte und die sonst später Schwierigkeiten erzeugen würden. 


Um die vielfältigen Perspektiven in einem Team gewinnbringend nutzen zu können, brauchen die Teammitglieder psychologische Sicherheit, ein Gefühl der Zugehörigkeit. Dann ist es Personen möglich sich zu zeigen, wie sie wirklich sind. Diese psychologische Sicherheit wächst nicht von selbst, sondern will erarbeitet werden und braucht Zeit. Wie gelingt das? 


  • Sich unbewusste Biases bewusst machen. Biases sind Stereotypen, Vorurteile, Einstellungen, die die eigene Wahrnehmung verzerren. Wir alle tendieren dazu, Menschen in bestimmte Schubladen zu stecken und Leute zu mögen, die uns ähnlich sind. Folglich beglückt es uns erst einmal nicht, mit einer Person enger zusammen zu arbeiten, die anders ist. Deshalb ist es wichtig, sich klarzumachen, dass Einheitlichkeit ein „Mehr vom Selben“ bedeutet und für eine breitere Basis eine offene Neugier auf das mir Fremde erforderlich ist. 


  • Zeit zum Kennenlernen und für den Austausch einplanen.  Wenn ich die anderen Teammitglieder mit ihren fachlichen und persönlichen Hintergründen kenne, verstehe ich besser, warum sie sich wie verhalten und sich auch mal „quer stellen“. Ein wechselseitiges Verständnis erhöht die Chance, dass bei Unstimmigkeiten nachgefragt und zugehört wird. Dann können Missverständnisse eher geklärt und es kann über die beste Lösung diskutiert werden, anstatt die andere Person als unfähig darzustellen. 


  • Um die besonderen Stärken der einzelnen Teammitglieder zu nutzen, müssen sie im Team bekannt sein. Wer neu dazu kommt, verrät vielleicht nicht gleich, was er alles kann, um sich nicht in den Vordergrund zu spielen. Bei Kolleginnen, die lange zusammenarbeiten, geht manchmal der Blick dafür verloren, dass sich die andere im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat. Deshalb ist es wichtig, mit einem wertschätzenden, ressourcenorientierten Blick zu entdecken, welche Potenziale das eigene Team hat. 

 

  • Eine offene Kommunikation einüben. Die Teamkommunikation braucht klare Spielregeln, damit unterschiedliche Bedürfnisse, Wünsche, Handlungsmuster offen zur Sprache kommen können. Was erwarte ich von meinem Kollegen und dieser von mir? Was ist für mich der beste Kommunikationsweg? Wie trenne ich mein Privat- und mein Arbeitsleben? Wie ist meine Arbeitsstruktur? Welche Rollen im Team liegen mir besonders? Etc.


  • Unterschiede anerkennen. Entscheidungen werden tragfähiger, wenn unterschiedliche Sichtweisen in der Entscheidungsfindung zugelassen werden und die Diskussion nicht gleich wieder abbricht. Wird wirklich jedes einzelne Teammitglied gehört? Auch die Leiseren, die Introvertierten, die Jüngeren, die Vorsichtigen? Die Unterschiedlichkeit ist spannend, denn sie erweitert den eigenen Horizont. 


  • Mit Konflikten konstruktiv umgehen. Es ist gut, eine Vereinbarung zu treffen, wie Konflikte im Team gelöst werden. Wenn über das gemeinsame Ziel der Arbeit Einigkeit hergestellt werden kann, ist Reibungs- und Konfliktenergie nützlich, um Dinge anzugehen. Ein Team, das den inneren Zusammenhalt und die verbindenden Elemente pflegt, kann gut sachliche Auseinandersetzungen führen. 

 

Nicht alle Aufgaben brauchen unterschiedliche Perspektiven, damit sie gut gelöst werden. Manches geht allein einfach besser. Aber je komplexer Aufgaben werden, je mehr Vernetzungen gebraucht werden, je unterschiedlicher die Zielgruppen sind, je kreativer etwas entwickelt werden soll, desto hilfreicher und nötiger wird das Zusammenwirken unterschiedlicher Personen mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Sichtweisen. 

Die natürlichen Spannungen in Teams zu halten, bleibt eine lohnenswerte Herausforderung. 

 


Tanja Bergelt


Tanja Bergelt
Leitung Fachstelle Personalberatung